what could be

ich habe gerade den Sperrmüll vorsortiert und in den Hof gestellt und bei der Gelegenheit noch schnell Staubweben über der Kellertreppe weggewedelt, den Keller gefegt und die Feigenblätter im Hof aufgekehrt. noch drei Gläser Erdbeermarmelade, ein Glas Brombeermarmelade. im Kühlschrank Salat und Quiche zum aufwärmen. Bolognese zum einfrieren. frische Tomatensauce für worst-case-days. und den Rotkohl sortiere ich gleich ins Regal.

scheiße. bleibt das jetzt so? ich kann Dinge in Ordnung bringen, wenn ich sie sehe?

weil wir ganz viele wunderbare Klamotten geschenkt bekommen haben, bin ich nicht panisch vor dem Winter. Das Handy ist abbezahlt und die Waschmaschine gehört ab Dezember ganz mir. unsere Heizkosten sind um die Hälfte gesenkt worden. ein Glück haben wir die meisten Fenster in Richtung Süden. yeah.

Curtis Stigers gibt mir gerade das Gefühl, mit der Welt verbunden zu sein. selbst wenn ich weiß, dass ich gar nicht mit allem verbunden sein mag, was es auf der Welt gibt, ist das sowas wie ein basal-gutes Gefühl. herbstlich warm. alleinsein ohne einsamsein.

doch, die Scheidung hat etwas verändert. ich habe mich jetzt für mich. ganz für mich und meine Kinder. was kann da noch kommen? gibt es etwas, was ich nicht bewältigen kann? keine Sorge, ich werde nicht unrealistisch. Krisen wird es sicherlich noch einige geben, aber das, was ich hier in den letzten Jahren durchlebt habe, zeigt: ich mache das mit dem Leben ganz gut. ich. mache. das. gut.

ohne Mist: mein Alltag kommt mir gerade lächerlich vor. ich hatte schon so eine Vermutung, dass ich so empfinden könnte eines Tages, wenn ich die dicksten Brocken geschafft habe. Alltag. ach komm. läuft ja! ich weiß, wann ich wo sein muss und was ich wann geregelt haben muss und wie ich das mit dem Putzen so hinbekomme, dass noch Zeit für Mumpitz reicht. gestern abend haben wir die kleinen Fledermausschwärme an die Wände geklebt, die Kringelgeister aufgehängt (einen davon vor der Tür unserer Nachbarsfamilie). wir haben zusammen Totenköpfe ausgemalt. die Jungs wünschen sich Kürbissuppe für Halloween und ich will diesen dark-chocolate-Guglhupf mit orangenem Guß machen. unsere zwei Freundfamilien wollen auch spuken gehen und die um-die-Ecke-Nachbarsfamilie halloweeniert wieder im Hof mit Brezeln, Schmalzbroten und einer riesigen Schüssel Süßigkeiten.

und dann beginnt der Endspurt in Richtung Adventszeit!

hat es irgendwo Klick gemacht? oder ist das Leben so, wenn es mal keine dicken Brocken zu tragen gibt? ich versteige mich ja ein wenig zu dem Gedanken, dass ich das gemacht haben könnte. dass mein so-sein jetzt und hier ausreicht, um das Leben zu führen, dass ich führen möchte. also in weiten Teilen. klar ist unser Leben bescheiden irgendwie. aber irgendwie haben wir auch so viel. wir haben das wunderbarste Zuhause der Welt und leckeres Essen. gut, keinen Braten und keine Delikatessen. und wenn wir Maccarons kaufen, dann von jeder Farbe eines, und jeder beißt einmal ab. aber der Genuß dadurch ist das Knaller. und Braten mögen wir alle nicht. Kürbissuppe. Kartoffelsuppe. Chili sin Carne. Brownies. Kartoffelpuffer. Nudeln mit Pesto. Buttermöhren. Marmorkuchen mit doppeltem Schokoguß. Sachertorte. Tortelloni alla panna. Zitronenkäsekuchen. Apfelkuchen mit Streuseln. Kartoffelbrei mit Rotkohl und Lebkuchensauce.

jetzt singt Ella Fitzgerald von Liebe. ich denke noch immer viel darüber nach. und ich strande gedanklich immer wieder in einem Nostalgie-Pool voller Ideen von Liebe, die ich noch nie in wahr gesehen habe. die ich nur aus meinem Kopf kenne. ist es schlimm, dass sie nie wahr waren? oder ist es einfach was es ist? bezogen auf andere meiner Ideen habe ich immerhin ein Diplom erreicht und meine gewünschte Zusatzqualifikation. und ich bin Mutter. Mutter impliziert ja nicht unbedingt einen präsenten Vater. ich bin verbunden mit Menschen, die mir nicht weh tun. meine Kinder können sich ausdrücken und eine eigene Persönlichkeit entwickeln. und vielleicht werde ich in der Zukunft selbst diese Songs von Ella Fitzgerald und Curtis Stigers und Melody Gardot und Diana Krall singen können und jemand anderes hört zu und folgt den eigenen Gedanken zurück in die innere Wahrheit und prostet sich selbst müde zu?

ihr müsstet das Licht mal sehen. der Nebel lichtet sich und die Sonne bricht durch. die Sperlinge hüpfen über den Balkon. ich bin ein wenig fassungslos, wie leicht sich dieser Moment anfühlt. es wird nicht genau so bleiben, aber da das, was mich umgibt, ein Teil von mir ist, wird es auch nicht verschwinden, solange uns nicht eine neue Krise erwischt. was möglich ist. aber nicht zwingend.

was ich noch loswerden muss:
die eigene Liebe unter Druck spüren zu können, ist eine ganz widerliche Aufgabe. das war das Schlimmste der letzten 5 Jahre. wenn die Aufmerksamkeit immer wieder aus einem selbst rausgerissen wird, dann verkümmert dieses zarte Licht, das für andere brennt. ich kann sogar verstehen, wenn es erlischt. nichts gedeit unter Druck (nicht mal Rotkohl! meine Mutter meinte, Rotkohl müsse im Dampfkochtopf gekocht werden! pah! Unfug! Unfug! Unfug!). im Gegenteil…und dann sitzt Du da mit den zerschlagenen Träumen und möchtest von ganzem Herzen ein Mosaik daraus machen, aber es gelingt nicht, weil dazu Freiheit nötig wäre. dieser Zustand ist schlimm. Selbstsorge auf Sparflamme, weil daran als erstes gespart werden kann, den anderen zu liebe. und dann dieser lebensnotwendige Tunnelblick, der dazu führt, dass Schönes links und rechts des Weges nicht beachtet werden darf, weil sonst die Energie, die den Fokus hält, zerbirst in Tränen. was ist die Balance? welche Risiken sind machbar? was ist Egoismus? und wie hüte ich mich selbst vor dem Sturz in die Dunkelheit?

es ist jetzt 9:30Uhr. meine 2do-Liste vom Wochenende ist zu 3/4 abgearbeitet. das ist mein Luxus. wieder Listen benutzen zu können, weil sie wieder bewältigbar geworden sind. ich kann sie abschließen. ich schaffe das jetzt. wieviel Freiheit darin liegt, dem eigenen Leben endlich wieder gewachsen zu sein…

Liefs,

Minusch

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