samstagsfrüh

graues Licht
das Bett ist zu eng geworden für heute morgen
eigentlich wollte ich in die Wanne, aber ich mag mich nicht ausziehen

was mag ich

seit einer Woche träume ich Nacht für Nacht davon, dass Menschen mich in den Arm nehmen und trösten oder halten
ich wache auf und fühle mich wunderbar

Freitagabend saß ich dann am Tisch und spürte, wie die Woche sich von mir löste und ich mit einem Mal nur noch sauer war. und traurig. und schwer.

es sind diese Wochen, die zu voll sind, die ich meistere, die niemand sehen kann. ich kann sie beschreiben, aber niemand ist dabei, wenn ich abends die Arschbacken zusammenkneife und gelassen zum 10. Mal rufe: Schlafanzug anziehen.

niemand sieht, dass ich wieder einen Kontakt aufgegeben habe. niemand weiß, was mich berührt hat. das weiß alles nur ich.

so, wie wir leben, passt hier ohnehin so schnell niemand dazu. das weiß ich selber. aber die Sehnsucht bleibt. wobei ich nicht mal beschreiben könnte, wonach genau. sie ist kryptischer geworden. Sehnsucht danach, angelächelt zu werden wenn ich müde bin, vielleicht. oder stilles Zunicken. Verlässlichkeit, jemand, der oder die nachfragt.

mein Leben für das Internet zu filetieren ist eines. die Tatsächlichkeit ansehen zu lassen etwas anderes. ich spüre diese Diskrepanz sehr sehr deutlich. ich kann hier nicht alles sichtbar machen. nicht das, was andere betrifft. auch nicht das, was meine Sexualität angeht. das trau ich mich überhaupt nicht.
ich kann auch nicht jedes Versagen sichtbar machen, aus Angst vor Konsequenzen aus einer alten Richtung.

dabei bin ich hier an den Start gegangen, um Wahrhaftigkeit abzubilden. aber um darüber zu sprechen brauche ich eine Maske. das ist bedrückend. die Wahrheit hat Konsequenzen und ich bin eine Kämpferin und ich will diese Konsequenzen haben…aber ich bin noch viel mehr Mutter als ich „ich“ bin. und ich verbiete mir schon wenig. aber das eben doch.

ich bin davon überzeugt, dass nichts an meinem ich, meinem Leben, meiner Mutterschaft schlecht ist. ich bin davon überzeugt, mit den Kindern ein Lebenswerk abzubilden, das Beachtung verdient. ich bin davon überzeugt, dass wir etwas sehr sehr Schönes sind. dass unsere Art, Menschen zu sein, gut tut. heil ist.

und doch wünsche ich mir einen Menschen, der/die mir ab und zu hilft, Rüstung zu sein. oder der/die mal meine Rüstung sein mag. oder der/die mit mir das Schöne, das wir sind, sehen kann. oder mit mir darüber lächelt, was es zum Abendessen gibt.

mir fehlt Aufmerksamkeit für mich. so narzisstisch das klingt, so wahr ist es. Aufmerksamkeit für meine Entscheidungen, meine Haltungen, mein Leben.

ein paar Wolken leuchten rosig. ein Kind dreht sich schnaufend um. auf Twitter erscheinen Geschichten und GutenMorgens und Gedanken. die Dating-Plattformen werden erst langsam wach und in den Chats gehen gerade alle ins Bett. vor mir liegt ein Samstag. ich werde Staubsaugen und einen Kuchen backen und vielleicht schaffen wir das 100 Teile Puzzle. ich werde kuscheln und ab und zu aufs Handy sehen. sollte es rosig bleiben, werde ich vielleicht ein Fenster putzen. oder auch nicht. einerlei. vielleicht schickt mir wieder irgendein Mensch, den ich nicht kenne, irgendwelche Fragen zu meinem Leben (bist Du gern draußen? magst Du lieber Wein oder Bier? machst Du Sport?). vielleicht auch nicht.

dies ist der Moment zwischen halb sieben und sieben am 10. März. ein Moment. nicht mehr und nicht weniger.

Liefs,
minusch

7 Antworten auf „samstagsfrüh

  1. Ich lese hier manchmal mit und bewundere immer die ehrlichen Worte, die aus dem Innersten kommen. Ich wünsche ganz viel (noch viel mehr, als da ohnehin schon sein muss) Kraft und viele liebe neue Kontakte.

  2. Auch wenn anmaßend klingt, aber ich glaube, ich verstehe sehr gut, wonach Du Dich sehnst. Letztlich ein ganz normaler Wunsch, der mir aber noch nicht mal in meinem Ehe erfüllt wurde, nicht annähernd. Jahrelang dachte ich, meine Ansprüche und Erwartungen seien einfach nur zu hoch, bis ich meinen Freund kennenlernte und merkte, dass diese liebende Aufmerksamkeit normal sein kann. Ich glaube, dass einem dies den Alltag unheimlich erleichtert, gegenseitiges Verständnis, Anerkennung, verstehendes Lächeln, einfach so und so viele scheinbare Kleinigkeiten mehr. Leider werde ich vermutlich mit dem Menschen, mit dem ich all das möglich sehe, auf längere Sicht nicht leben. Von daher fehlt mir sein Seele streicheln auch tagtäglich und ich bin trotz seiner Existenz oft einsam – und verstehe die Sehnsucht.

    1. jetzt widerspreche ich zum ersten Mal: einen Partner zu haben, selbst wenn er nicht den daily hazzle teilt, ist etwas ziemlich anderes als ganz allein zu sein. ich will nicht bitter klingen, aber es geht noch ne Schippe drauf auf das, was Du fühlst. nach mir fragen nämlich in unterschiedlichen Abständen Menschen, die ich lieb habe, aber niemand ist wirklich dicht dran. niemand teilt auch nur einzelne Abende/Tage geschweige denn Wochenenden. so ist das eben als Single-Mom ohne Umgangsregelung und ohne Unterhalt. ich mache alles mit mir alleine aus.

      ich verstehe, dass Du Dich in der Beschreibung wiederfindest. sicher fühlen sich unzählige Menschen auch innerhalb von Beziehungen alleine. das weiß ich selber und das ist auch für sich genommen schon traurig genug…nur: mein Leben ist nochmal anders als Deines.

      kein Wettkampf. das sicher nicht. aber Vergleiche tun weh. mir zumindest.

      1. Ich weiß dass Dein leben nochmal anders ist als meines und wollte auch nichts anderes sagen. Ist vermutlich falsch Rübe gekommen, schreibe ja auch meist nur zw. Tür und Angel. Also verzeih bitte. Ich wollte lediglich zum Ausdruck bringen, dass der Wunsch gesehen zu werden normal ist und ich den auch sehr habe, gerade auch weil er mir trotz Partner jahrelang fehlte. Alles Gute!

      2. P. S. Mit mir teilt auch keiner ein Wochenende, keine Nächte, kein Frühstück oder was Liebespaare so machen. Wir teilen vielleicht alle paar Wochen mal für wenige Stunden das Bett oder Autositze. Ich weiß nur, dass da jemand ist, der mich liebt. Das ist sicher ein Vorteil.

  3. bitte lass diese Vergleiche. sie führen zu nichts und zumindest mich machen sie traurig. ich hab Dich schon verstanden. versteh Du mich bitte auch. „without comparing“ steht unter dem Namen meines Blogs und ich meine das sehr ernst.

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