unser Papasch

Zur Zeit denke ich zwischen allem Durcheinander und Hin und-Her viel über unsere Beziehung nach. Ist ja irgendwie klar, nach unseren Riesenstreitereien und Grundsatzdiskussionen. Nach dem Begriff Scheidung und der spürbaren Angst vor dem „aus“.

Wir sind noch ein Paar. Irgendwie. Wir hängen beide an etwas. Nur das drüber-reden: das schaffen wir nicht. Also läuft weiterhin viel Arbeit in meinem Kopf ab. Und ich lese viel in anderen Blogs, Artikeln etc. Bei diese Lesen und Suchen und Treiben-lassen hat mich die Paparade von Wiebke sehr berührt: Eine Sammlung von Artikeln über die Rolle der Papas in den Familien. „Warum Väter so wichtig sind?“

Ich habe beim Lesen gespürt, dass sich dazu in mir etwas Schönes öffnet. Auf Papaschs Papa-Qualitäten bin ich nämlich sehr stolz. Wir sind in diesem Punkt scheinbar (!) eine besondere Familie. In den nächsten Zeilen, erkläre ich Euch, was ich damit meine.

Papasch und ich haben Kommunikationsprobleme in fast allen Lebensbereichen außer beim Kochen, beim Sex und bei den Kindern. Zwei von diesen Punkten sind ja tatsächlich Teil der klassischen Streitfallen, die Ehepaare so haben können. Juhu: zumindest die haben wir mal nicht! Aber für diesen Blogpost wichtig ist vor allem unsere Einigkeit über die Kinder, denn diese macht unseren Papasch zu einem ganz besonderen Papasch.

Als ich schwanger wurde, waren wir gerade erst 4 Monate ein Paar. Wir haben uns viel gestritten und ich musste es ihm am Telefon sagen von Flensburg aus, weil ich gerade mit meiner damals besten Freundin im Sommerurlaub an der Nordsee war und er hier geblieben ist. Aber er hat sich gefreut. Er hat sich so sehr gefreut. Es gab keine Frage nach dem ob. Er war direkt im wie-Modus.

Sicher gab es danach noch immer Streitereien, aber er hat nie seine Vaterschaft angezweifelt und er hat auch nie seine Rolle ins Wanken gebracht. Er war der Papa meines Sohnes und er war da.

Papasch war bei K1s Geburt auch dabei. Beim Kaiserschnitt in der 33ten Woche saß er ruhig atmend neben meinem Kopf und erzählte mir seine Perspektive aus dem OP. Er konnte zur Versorgung unseres Kindes nicht mit, weil K1 ja ein Frühchen war. Aber er weinte mit mir, als wir diese kleine Stimme schreien hörten. Während ich im Aufwachraum warten musste, rannte er schon hoch zur Kinderintensiv und klärte, wann er endlich zu seinem Sohn kann. Ich konnte ja nicht laufen. Aber er. Und darüber mussten wir auch nicht diskutieren.

Unser Papasch und ich, wir können beide alles, was unsere Kinder angeht. Buchstäblich. Wir haben uns schon im Krankenhaus ums Wickeln „gestritten“ und wir haben ihm beide die Flasche gegeben. Wir haben ihm beide Lieder vorgesungen und ihn beide gekänguruht. Gut: Milch-abpumpen habe nur ich versucht, aber er hat mich unterstützt bei diesen vielen Versuchen, aus mir die Milch für mein Kind herauszubekommen.

Und auch zuhause kann Papasch alles familienrelevante genauso gut wie ich. Er hat ein eigenes Leben geführt, bis wir zusammen gekommen sind. Putzen, Wäsche-waschen, Bügeln und Kochen kann er. Kochen vor allem mit viel Leidenschaft für kompliziertere Fleischgerichte (ich bin mehr so die Gemüse-Tante). Aber vor allem kann er alles, was für die Kinder wichtig ist.

Wir haben beide gewindelt, Flasche gegeben, in den Schlaf begleitet, gekuschelt, getobt, gekitzelt, Breie gekocht, ausgestattet, angezogen. Diese Aufteilung in Mama-Erziehung und Papa-Toben gibt es bei uns nicht. Wir haben ja auch zwei Kinder. Da kann jeder immer eines betoben, betreuen, erziehen, bekuscheln.

Unsere Jungs haben sicherlich ihre Vorzugselternteile: K1 steht mehr auf mich aber K2 dafür mehr auf Papasch. Aber das bedeutet nicht, dass wir uns da bestimmten Arbeitsbereichen zuordnen. Und vor allem lassen wir auch nur in Ausnahmefällen, oder wenn es uns wirklich nichts ausmacht, zu, dass die Kinder sich mit ihren Zuordnungswünschen durchsetzen. Schließlich war ich eine ganze Weile total übererschöpft und brauchte viel mehr Pausen als alle anderen. In der Zeit hat Papasch öfter die Kinder ins Bett gebracht, gewickelt, Zähne geputzt. Auch wenn vor allem K1 eigentlich Mama wollte.

In unserer Familie gibt es also keine Geschlechterstereotype außer „Papa arbeitet und Mama ist daheim“, wobei das auch schon ordentlich wankt, schließlich hatte ich im letzten Jahr elend viel Arbeit als Vorstand der Krabbelstube (wir hatten so etwa ein Jahr lang einen personellen Engpass, der sich in die verschiedensten Bereich hinein ausgewirkt hat). Also kennen unsere Kinder uns beide beim Kochen, beide beim Putzen, beide bei der Sorge um die Kinder und beide in Verbindung mit dem Begriff Arbeit. Wir singen auch beide und tanzen auch beide mit den Kindern. Wir können beide Malen, Basteln und Vorlesen. Wir machen beide Sport.

Jetzt zähle ich hier gar nichts Papa-spezifisches auf, so scheint es. Aber genau darum geht es mir: Papasch ist ein sehr männlicher Mann, wie ich finde. Er hat ein markantes Gesicht, eine tiefe Stimme und bewegt sich in von mir angenommenen Messbereichen für Männlichkeit absolut in Richtung oberes Ende der Skala (sonst würde das mit dem Sex auch nicht klappen ;-)). Er empfindet sich nicht als feminin, klassisch zart oder feministisch (er akzeptiert Feminismus als ethische Haltung aber er würde niemals feministisch argumentieren…ja, er zieht Feminismus eher durch den Kakao, sehr zu meinem Ärger). Papasch Ausprägung von Männlichkeit grenzt sich nicht von tradiert-weiblichen Themen ab. Und er folgt auch keinen typisch-männlichen Interessen. Er kann und tut einfach dasselbe wie ich, nur auf seine eigene Art.

Im Alltag verwischt sowas natürlich. Während ich diesen Post schreibe, erkenne ich, wieviel mehr Streitpotential wir alleine durch dieses „jeder macht alles“ haben. Wir haben hier keine Domänen, die nur wir beackern. Dass ich gerade mehr Haushalt übernehme, liegt nicht daran, dass nur ich es kann, sondern dass nur ich so viel zuhause bin. Sicher putzt er anders als ich. Er kocht ja auch anders, wählt andere Bekleidung für die Kinder aus und bringt anders ins Bett. Aber qualitativ macht es für unsere Kinder keinen Unterschied…

Unser Papasch lebt mit uns im Rahmen unserer Möglichkeiten eine Gleichberechtigung, die sicher nicht alle Paare leben können. Unsere Geschlechterzuordnung ist vor allem in unserer Beziehung wichtig, aber bei der Erziehung unserer Kinder spielt sie tatsächlich kaum eine Rolle. Gut, wir kommen inzwischen immer wieder an unsere Intuitionsgrenzen, wenn es um Wutanfälle unserer Jungs geht. Aber dafür gibt es ja Literatur. Und auch in diesem Bereich sind wir beide offen für Hilfen von außen, wobei ich mehr Zeit auf entsprechende Literatur verwende. Kein Wunder für eine Pädagogin, wie ich finde.

Ich erinnere mich an nicht eine Diskussion zum Thema Carearbeit. Klar haben wir uns schon über unsere Haltung gegenüber unserer Kinder während deren Wutanfällen gestritten! Dafür ist das Ding mit den Wutanfällen alleine schon bescheuert genug. Aber alles andere ging mit einem gemeinsamen Horizont, gemeinsamen Gefühl in eine gemeinsame Richtung.

Sind wir vielleicht deswegen keine so guten Partner für einander? Braucht diese Art Familie vielleicht in der Einpendelphase mehr Energie? Hätte es für uns irgendwo eine Abkürzung gegeben, die wir nicht gesehen haben? Und sind die vielen gegenseitigen Verletzungen vielleicht nur geschehen, weil wir an anderer Stelle keine Wahl hatten?

Ich bin voller Fragen…aber mir hat das Nachdenken über Papasch gut getan. Ja, dieser Mann ist etwas sehr besonderes. Ein Mann, wie ich keinen zweiten kenne. Meine früheren Beziehungen hatten nie das Gesamt-Paket von Männlichkeit, Familien-Orientiertheit und Ästhetik, das ich jetzt hier habe. Klar waren meine Partner alle mit mir gemeinsam in Genderdebatten verwoben oder mussten sich mit mir an emanzipatorischen Begriffen messen lassen. Aber es war nie einfach…

Papasch, Du bist ein wundervoller Vater für meine beiden Söhne. Jetzt möchte ich nur noch mit Dir eine vielleicht ähnlich wunderbare Partnerschaft. Auch wenn ich einsehe, dass die Priorität erstmal auf der Vaterrolle liegen musste. Schließlich sind die ersten zwei Lebensjahr sehr entscheidend für die Entwicklung unserer Kinder. Und in diesen beiden Jahren hast Du den Kindern einen Vater gezeigt, der sich vor nichts drückt sondern bei Ihnen ist. Der auch an seine Grenzen stößt, der sie aber immer ins Bett bringen kann. Der am Ende des Tages für Ruhe im Herzen sorgt und in die Nacht begleitet.

Verdammt, Schatz, ich liebe Dich!

4 Antworten auf „unser Papasch

  1. Bin heute auf deinem Blog gelandet und bin begeistert und wahnsinnig berührt. Ich finde mich so sehr wieder in einigen Gedanken und werde ganz bald wieder vorbei schauen. Einen schönen Sonntagabend noch für dich! Jela

    1. Vielen lieben Dank…als ich das heute morgen so im Vorbeizusehen gelesen habe, hat mich direkt ein kleiner Glücksregen durchrieselt.

      Danke…und Dir viel Erfolg mit Deinem Blog und Deinen kleinen lieben Geschichten von Deiner Familie. 🙂

      (Du kannst Hausschuhe stricken??? Ich hab versucht für den Kleinen Hausschuhe zu häkeln…8 Anläufe und sie sind noch nicht mal abziehbar..*hust*)

      Liefs,
      Minusch

  2. Oh vielen lieben Dank für Deinen Beitrag zur Blogparade! Du hast einen ganz besonderen Blickwinkel eingebracht, eben weil Du die Vaterqualitäten beschreibst in einer Zeit, in der es Eurer Beziehung eben nicht so gut geht. Ich hoffe Ihr bekommt das in den Griff!
    Wiebke

    1. Ich bin doch selber so dankbar für Deine Blogparade! Dadurch haben sich die Gedanken ja erst bewegt…

      Und: wir arbeiten tapfer an unserer Beziehung. Bald mit Hilfe einer tollen Frau bei der Diakonie. Puh.

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