Windwende

Ich weiß nicht, der wievielte Versuch dies hier ist, einen weiteren Blogbeitrag zu schreiben. Ich schaue nicht mehr in den Entwürfe-Ordner, wo die ganzen angefangenen Texte vor sich hingären. Ich setze mich immer wieder hin mit dem Gefühl, dass ich so gern was schreiben möchte – aber dann schreit ein Kind/klingelt das Telefon/lenkt mich ein Geräusch ab/fällt mir was ein

Tjanun. C’est la vie, oder? Ich rege mich nicht drüber auf. Dann habe ich eben eine ungeplante Sommerpause und verdichte mich währenddessen neu für den nächsten Beitrag. Denn zu Schreiben habe ich sicher viel, aber ich muss manches vielleicht doch mehr kondensieren lassen als anderes.

Heute hat sich zum Beispiel das Gefühl einer Windwende eingeschlichen. Ich weiß nicht, ob es dieses Wort gibt, aber es beschreibt meinen status quo: Der Wind hat sich gedreht.

Mein Erschöpfungszustand hatte sich gaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaanz langsam ein weeeeeeeeeeeeeeeeeeeeenig gebessert. Papasch hat sich immer wieder neu bemüht, mir bei der Wochenplanung beiseite zu stehen, wobei Sätze wie: „Ich möchte da ein paar Stunden mehr machen!“ „Der Typ hat gefragt, ob ich das mit ihm machen würde“ und „Ich muss vorarbeiten, damit der Verdienstausfall in der Urlaubswoche nicht zu groß ist!“ mir immer wieder die Tränen in die Augen getrieben haben. Offensichtlich war es mir nicht möglich, ein konsistentes und nachvollziehbares Bild meines Zustandes zu vermitteln. Sobald ich gelächelt habe, kam direkt wieder eine Stundenaufstockung und ich saß direkt wieder in der Überforderung. Immer. Wieder.

Dabei kann ich Papasch ja nicht übel nehmen, dass er Aufträge akquiriert und fleissig ist…es ist nur: ich kann es nicht auffangen. Immernoch nicht.

Ich habe die letzten Wochen seit meinem Zusammenbruchsbeitrag hier 3 Mal bei der Homöopathin gesessen, ein Coaching-Schnuppergespräch geführt, mit Sport angefangen, um einen freien Tag gebettelt/geheult/gekämpft, in der Krabbelstube 10Kampf geleistet (als Vorstand), eine Woche den Großen mit zuhause betreut (weil beide Erzieherinnen krank waren) und dann, als ich schon wieder mit meinem Ich-Gefühl kurz vor Selbstauflösung stand festgestellt, dass zwischen Papasch und mir schon wieder etwas passiert ist, was ich nicht einfach weglächeln kann.

Ich möchte gar nicht beschreiben, worum es geht. Ich nenne es Vorfall. Es hat mit Vertrauen (von meiner Seite) und Unsicherheit (von seiner Seite) zu tun. Wir sind kollabiert. Ich war mir 24h lang sicher, getrennt sein zu müssen. Ich habe das ausgesprochen. Ich bin zusammengebrochen. Ich habe weinend auf dem Boden/Bett/Sofa gelegen. Ich bin rausgerannt. Ich war wütend. Ich hatte Schmerzen.

…er sagte, er habe verstanden.

 

Zwei Tage später hat er zum ersten Mal seit sehr langer Zeit wieder mit uns gelacht. Es war sein Geburtstag. Und da waren Kuchen und Blumen und Geschenke. Und er war betroffen. Und er hat gelacht. Und meine Sehnsucht ist aufgeblüht und ich habe geweint und ihm gesagt, dass mir dieses Lachen so sehr gefehlt hat. Dass ich das brauche! Und wir hatten zwei wunderbare Nächte…

Der Wind hat sich gewendet.
Plötzlich passieren so viele schöne Dinge. Dinge, auf die ich so lange gewartet habe. Wir waren spazieren und wir haben einen Teich entdeckt, denn wir nicht kannten. Mit Reihern darauf. Und Seerosen.
Ich habe ein Halstuch gefunden (ein großes wunderschönes Halstuch mit Sternen).
Wir bekommen Geld geschenkt für ein Auto.
Eine junge Erzieherin hat sich bei der Krabbelstube beworben.
Der Balkon ist endlich schön.
Ich habe ein Moskitonetz überm Bett (was für mich wie ein Himmel aussieht).
Ich habe abgenommen und brauche nur noch -6kg bis zu meinem Lieblingsgewicht.
Ich mache regelmäßig Sport und laufe sogar zwei Mal die Woche mit einer anderen Mama (mit der ich mich immer besser und besser verstehe…).
Papasch und ich waren zum ersten Mal einen Abend lang weg. Und wir haben überraschend eine Vernissage besucht, bei der wir sowohl die Musiker als auch die Aussteller als auch die Caterer gut kannten. Wir waren in einem wunderbaren Restaurant essen (oder eher gucken…das schönste war diese grandiose Aussicht auf den See…über das Essen habe ich gemeckert (<ich bin einfach inzwischen recht verwöhnt bei Essen…aber es hat auch so viel Spaß gemacht, zu zweit übers Essen zu meckern…einfach als Paar).

Und: unsere Kinder werden ruhiger.

 

(zwischenzeitlich hat wordpress mir etwa 20% des Textes einfach nicht übernommen…ok…Technik…bei Dir ändert sich OFFENSICHTLICH nichts!)

 

Ich weiß natürlich nicht, ob dieser Veränderung grundlegend ist. Ob das "Ich verstehe…" von Papasch grundlegend ist. Aber ich habe mich gegen das Misstrauen entschieden. Misstrauen schützt mich nicht vor Verletzungen. Aber Misstrauen verletzt selbst durch sein da-sein. Daher folge ich meinem Herzen und vertraue wieder so gut ich es eben kann. Und mit aller Hoffnung, die ich habe.

Der Wind hat sich gedreht. Oder habe ich den Wind gedreht? Habe ich das Haus gedreht? Oder mich? Oder schaue ich in eine andere Richtung?

Ich schaue mehr nach mir. Ich sehe meine Familie. Meinen Mann, meine Kinder. Und daneben sehe ich eine erschöpft lächelnde Frau. Eine Windwenderin.

 

Liefs,

Minusch

5 Antworten auf „Windwende

  1. Liebe Minusch,
    ich freue mich sehr über die Wende bei euch und drücke fest die Daumen, dass alles dauerhaft gut wird. Manchmal lohnt sich das durchhalten doch. Auch wenn es vielleicht schmerzhaft ist, dass der Partner nicht so partnerschaftlich ist, wie 1 es gebraucht hätte. Ich denke an dich und deinen Frieden und schicke dir einen Sonnenstrahl.
    Liebe Grüße, Moma (tka)

  2. Das tut gut zu lesen! Vielleicht spüren auch die Kinder die Windwende und sind deshalb ruhiger. Jedenfalls schön, dass ihr euch vorsichtig neu finden könnt.
    LG, Micha

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